Kritische Theorie
Wir begreifen Kritik im Sinne eines Denkens, das dem tradierten Inhalt akademischer Lehre nicht widerspruchslos folgt, sondern diese eigenständig im Hinblick auf ihr Verhältnis zu bestehenden gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen reflektiert.
Die aktuelle universitäre Praxis kennzeichnet die Tendenz, Denken auf ein Mittel verwertbarer Erkenntnisproduktion zu beschränken. Dieses Streben zu instrumenteller Vernunft sehen wir als ein Phänomen kapitalistischer Verwertungslogik, dem es sich zu widersetzen gilt.
Vielmehr treten wir ein für eine Universität als Raum für ein kritisches Denken, welches die Totalität der Gesellschaft, die Durchdringung des Subjekts mit entpersonalisierten Herrschaftsverhältnissen sowie kapitalistisch-positivistische Dogmen in Frage stellt.
Ferner verstehen wir unter Kritik einen Modus der radikal kritischen Gesellschaftstheorie, welche den Möglichkeitsraum des guten Lebens berührt, indem sie die Überwindung der bestehenden Verhältnisse und eine emanzipierte und freie Gesellschaft zum Ziel hat.
Antifaschismus
Wir stellen uns entschieden gegen Faschismus und seine Wegbereiter. Als Faschismus verstehen wir die Vernichtung der Individualität durch totalitäre Kollektivierung. Faschismus ist keineswegs nur ein Bruch mit der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft, sondern knüpft an diese an, indem er das Ressentiment der Unterdrückten aufgreift.
Wir bekämpfen daher konsequent alle Versuche, durch Patriotismus, Nationalismus oder autoritäre Sehnsüchte die Schaffung eines totalitären Kollektivs zu befeuern.
Außerdem stehen wir an der Seite derer, die als Projektionsflächen für faschistischen Hass herhalten oder sonst unter seiner menschenfeindlichen Ideologie leiden, seien es Jüdinnen und Juden, Sinti*zze und Rom*nja, migrantisch gelesene oder queere Menschen.
Gegen Antisemitismus
Für uns ist Antisemitismus nicht lediglich eine Unterform des Rassismus oder schlicht offen auf die Straße getragener Hass gegen Jüdinnen und Juden. Im modernen Antisemitismus werden Jüdinnen und Juden als Personifizierung der abstrakten Auswirkungen anonymer Herrschaftsverhältnisse über das Individuum verantwortlich gemacht. Vereinfachte personifizierte Erklärungsmuster unterteilen in „die Guten“ und „die Bösen“ und verkennen den systemischen Charakter der Situation.
Dies zeigt sich nicht nur bei Verschwörungsideolog*innen wie “Querdenkenden”, sondern teilweise auch in linken Gruppierungen in Form von personalisierter Kapitalismuskritik. Insbesondere verkürzte Analysen des Nahost-Konfliktes, welche „den Unterdrücker“ dingfest machen wollen, führen in letzter Instanz zu einem Vernichtungswahn, der sich oft zuerst in einer Dämonisierung des Staates Israels als jüdisches Kollektiv äußert. Deshalb heißt gegen jeden Antisemitismus die Verteidigung des Existenzrechts des Staats Israels aufgrund seiner Funktion als Schutzraum für Jüdinnen und Juden.
Gegen Rassismus
Die LUST stellt sich gegen jegliche rassistische Diskriminierung. Das Konstrukt “Rasse”, etabliert im Zusammenhang mit weißer Kolonialherrschaft, und jegliche damit einhergehende Zuschreibungen soll die systematische Unterdrückung und Ausbeutung von Black, Indigenous and other People of Colour (BIPoC) rechtfertigen und liegt auch heutzutage beispielsweise vielen völkisch-nationalistischen Bewegungen zugrunde.
Für BIPoC-Student*innen sind Rassismuserfahrungen wegen der strukturellen Verankerung ein bitterer und fester Bestandteil des Studiums, die sich nicht nur in Form von Ausgrenzung aufgrund äußerlicher Merkmale oder der Pauschalisierung und Herabwürdigung von Kulturen äußern, sondern institutionalisierter Natur sind.
Wir werden Rassismus, insbesondere an der Universität, konsequent anprangern und bekämpfen.
Gegen Sexismus
Die strukturelle Diskriminierung und Herabwürdigung der Frau bedarf beim Abbau aller Ungleichbehandlungen einer besonderen Aufmerksamkeit. In der sich in der Spätmoderne befindlichen Gesellschaft sieht sich ein so großer Teil der Weltbevölkerung depersonalisierten Herrschaftsverhältnissen gegenüber. Die Durchdringung des Subjekts mit einem androzentrischen Denkmuster gilt es durch radikale Kritik an der misogynen Ideologie der gegenwärtigen Gesellschaft zu zerschlagen. Zudem sehen wir die Verwobenheit von Sexismus und dem kapitalistischen, rassistischen und klassistischen Status quo. Deshalb gilt es, die gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsverhältnisse als Basis geschlechterbasierter Ungleichheiten zu bekämpfen.
Gegen Queerfeindlichkeit
Trotz zunehmender Sichtbarmachung von LGBTQIA+-Personen häufen sich die queerfeindlich-motivierten Übergriffe. Daher halten wir es für dringend notwendig, dass diese wünschenswerte Sichtbarmachung auch mit deutlich aktiverem Schutz von queere Menschen einhergeht. Auch unsere Universität ist noch lange kein sicherer Ort für alle Individuen, die sich nicht der Heteronormativität verschreiben oder auch nur so wahrgenommen werden. Die LUST stellt sich gegen jegliche Manifestation von Homo-, Bi-, und Transfeindlichkeit sowie alle anderen Arten der Queerfeindlichkeit; seien es Herabwürdigungen und Stereotypisierungen bis hin zu Gewaltakten.